Pensionskassenlösung für die Frau

2 September, 2022 | Aktuell Interviews Nicht kategorisiert
Sandra Flückiger: Selbständig als unabhängige Finanzberaterin
Pensionskassenlösung: Sandra Flückiger - Selbständig als unabhängige Finanzberaterin.

Die Unterschiede zwischen den Pensionskassen sind erheblich. Wer die ideale Pensionskassen-Lösung für sein Unternehmen sucht, wägt gründlich ab. Zu Recht, denn es handelt sich um eine Entscheidung von grosser Tragweite. Gerade Frauen kümmern sich zu spät darum: Interview mit Finanzberaterin Sandra Flückiger.

Wie sieht eine ideale Pensionskassenlösung für Selbständig-Erwerbende Frauen aus?

Ideal wäre, wenn eine Pensionskasse mehrere Pläne anbietet, so dass die Selbständig-Erwerbenden die Möglichkeit haben zu wechseln. Zum Beispiel möchte ich am Anfang einen tieferen Eintrittsschwellenwert und keinen Koordinationsabzug, da das Einkommen sehr volatil und in der Regel tief ist und deshalb nicht immer mehr als die geforderten CHF 21’510.— für einen PK-Anschluss erreicht wird. Später, wenn das Geschäft etabliert ist, wäre es allenfalls von Vorteil auf einen «normalen» Plan wechseln zu können.

Selbstverständlich wäre es generell von Vorteil wenn die Kosten tief wären und eine attraktive Verzinsung bezahlt würde. Irgendwann kommt dann der Moment der Altersrente und da wünschen sich alle Versicherte einen möglichst hohen Umwandlungssatz.

In wiefern unterscheidet sich die Pensionskassenlösung zwischen Mann und Frau?

Frauen (natürlich nicht alle) schaffen es, im Gegensatz zu den Männern, nicht so viel Alterskapital anzusparen. Aber das hängt weniger mit der Pensionskassenlösung zusammen, sondern vielmehr mit dem Arbeitsmodell und dem tieferen Salär.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für Selbständig-Erwerbende Frauen, sich um das Thema Pensionskasse zu kümmern?

Ich würde mich bereits zu Beginn damit beschäftigen. Eine Pensionskasse bietet neben dem Sparen fürs Alter noch weitere Vorteile wie eine praktisch risikofreie Verzinsung auf dem angesparten Kapital. Im weiteren kann man auf eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder teure Lebensversicherung verzichten, da Invalidität und Tod in einer Pensionskasse automatisch mitversichert ist. Je nach Pensionskasse und Plan ist die Versicherung höher oder tiefer.

Es ist auch immer gut zu wissen, wie viel Geld man fürs Alter ansparen muss. Diese Rechnung kann man mit Zins- und Zinseszins oder überschlagsmässig machen. Beispielsweise mit der einfachen Lösung: Ich werde mit 64 oder 65 pensioniert und lebe 25 Jahre. Ich bekomme aus der 1. Säule ungefähr 24’000 Franken Rente (nicht die volle Rente). Ich brauche im Jahr ungefähr 60’000 Franken. Dann fehlen mir 36’000 Franken pro Jahr x 25 Jahre = 900’000 Franken (mit Barwertberechnung und einer Verzinsung von 2 Prozent wären es insgesamt nur noch 550’000 Franken).

Je früher man beginnt, umso tiefer ist der jährliche Sparanteil, auch hier ist es von Vorteil, wenn man das Kapital verzinst und vom Zins und Zinseszins profitiert.

Wer bietet für Frauen verschiedene Pensionskassenlösungen an?

Der Verband Frauenunternehmen VFU bietet mit drei verschiedenen Vorsorgepartnern (Allianz Vollversicherer, VSM Halbautonome PK, IMPAVIDA Teilautonome PK) eine breite Auswahl an Plänen an. Da findet jede Frau oder auch Mann etwas.

Macht es im Alter einen Unterschied, wieviel des Pensionskassen-Geldes im Obligatorium oder im Überobligatorium arbeitet?

Das hängt von der Pensionskasse und deren Reglement ab. Je nachdem wird sämtliches Kapital mit dem gleichen Zins verzinst oder es werden unterschiedliche Zinssätze verwendet für das obligatorische und überobligatorische Kapital. Bei der Rente spielt es eine zentrale Rolle wie viel Kapital im Obligatorium und Überobligatorium angespart wurde.

Spielt es eine Rolle, ob auch die gewählte Pensionskasse für die Altersrente das Modell «gesplittet» oder «umhüllend» anwendet?

Ja, es spielt eine Rolle. Ein gesplittetes Modell hat den Vorteil, dass das Kapital einzeln umgewandelt wird. Das Kapital im Obligatorium wird aktuell zu 6.8 Prozent umgewandelt und das Kapital im Überobligatorium gemäss dem jeweiligen PK-Reglement. Es kommt also nicht zu einer Mischrechnung. Aber es kann durchaus sein, dass der Umwandlungssatz bei einer umhüllenden Pensionskasse höher und somit über alles trotzdem besser ist. Wer viel Kapital im Obligatorium hat, fährt mit einem gesplitteten Modell sicher besser.

Was ist im Obligatorium versichert?

Der Lohn zwischen 21’510 Franken und 86’040 Franken.

Wann ist man im Überobligatorium versichert?

Alles andere, zum Beispiel bei einem tieferen Eintrittsschwellenwert, Verzicht oder abgeänderter Koordinationsabzug, Lohnsumme über CHF 86’040, Bonus, freiwillige Einzahlung um Deckungslücken zu schliessen.

Was muss man tun, um Deckungslücken zu schliessen?

Zuerst überlegen, ob es sinnvoll ist. Der Vorteil ist ganz klar die Steuerersparnis und allenfalls höhere Verzinsung auf dem Kapital als in der Säule 3b. Aber man sollte auf alle Fälle abklären, ob im Todesfall die freiwillig einbezahlten Beträge ausbezahlt werden. Unbedingt immer Die Belege solcher Einzahlungen aufbewahren.

Dann bedeutet, dass die nächsten drei Jahre diese Gelder nicht aus der Pensionskasse entnommen werden dürfen, da sonst der Steuerabzug rückwirkend erhoben wird. Man muss sich auch bewusst sein, dass solche Einzahlungen immer als überobligatorisches Kapital behandelt wird.

Aus welchem Topf wird Geld aus der Pensionskasse bezogen – etwa zur Wohneigentumsförderung (WEF)?

Meistens zur Hälfte im Obligatorium und Überobligatorium.

Wie hoch die monatliche Altersrente aus der 2. Säule ausfällt, bestimmt der Umwandlungssatz. Wie funktioniert das?

Umhüllend: Gesamtes Alterskapital x Umwandlungssatz = Altersrente pro Jahr. Gesplittet: Obligatorisches Alterskapital x Umwandlungssatz Obligatorium = Altersrente pro Jahr aus dem Obligatorium. Überobligatorisches Alterskapital x Umwandlungssatz im Überobligatorium = Altersrente pro Jahr aus dem Überobligatorium.

Eine Altersrente wird lebenslang ausbezahlt. Mit einem Teuerungsausgleich darf man nicht rechnen. Dafür ist die Rente sicher. Wenn man stirbt erhält der überlebende Ehepartner oder zum Teil der Konkubinatspartner eine Witwen/Witwerrente von in der Regel 60 Prozent.

Ziehen Sie als unabhängige Vorsorgespezialistin auch die Vermögenswerte in der 3. Säule ein.

Ich ziehe in meiner Beratung immer alle Vermögenswerte mit ein. Schliesslich haben Selbständigerwerbende gerade bei der Allianz und VSM eine grosse Auswahl an Plänen. Daher ist es zentral eine finanzielle Auslegeordnung (Vermögen, Einkommen, Ausgaben) aufzustellen um zu wissen was man braucht, um damit den richtigen Plan zu wählen.

Wie sieht es mit der Steueroptimierung aus?

Einzahlungen in die Pensionskasse ist ein ideales Instrument für die Steueroptimierung. Aber wie gesagt, man muss wissen, ob das Geld im Falle eines Todes ausbezahlt wird. Wenn nicht, dann profitiert nur die Pensionskasse im Falle eines Todes.

Welche Möglichkeiten bestehen, um das Guthaben aus der Pensionskasse später zu beziehen?

Das hängt auch wieder vom Reglement der Pensionskasse ab, ob 100 Prozent im Alter ausbezahlt werden kann nur ein Teil. Bei der Wohneigentumsförderung WEF hat der Gesetzgeber alles reglementiert, dort spielt auch das Alter eine Rolle.

Was ist der grosse Vorteil der lebenslangen Rente?

Man muss sich nicht um Anlagen kümmern und sowie unnötige Risiken eingehen. Dafür kann man nicht 100 Prozent weitervererben und hat keinen Inflationsschutz.

Wer profitiert bei einer Mischform aus Kapital und Rente?

Bei Frauen profitiert die Pensionskasse, wenn möglichst viel Kapital bezogen wird, weil Frauen älter werden als Männer. Aber das hängt natürlich auch immer davon ab, mit welchem Umwandlungssatz die Rente berechnet wird.

Weshalb ist die berufliche Vorsorge ein Thema, dem speziell die Frau ihre Aufmerksamkeit schenken sollte?

Weil neben der 1. Säule nur die 2. Säule eine lebenslange Rente aus dem angesparten Kapital ausbezahlt (ausser bei einer teuren Leibrente).

Was bedeutet der Eintrittsschwellenwert?

Dieser ist 21’510 Franken und ab diesem Wert können sich selbständig Erwerbende in der 2. Säule freiwillig versichern. Für Angestellte gilt ab dem Eintrittsschwellenwert die Pensionskassenpflicht. Alles was darunter liegt wird durch die 1. Säule abgedeckt.

Wie hoch ist der Abzug bei Teilzeitpensen?

Ich nehme an, es geht um den Koordinationsabzug, welcher gebraucht wird, da er die Leistungen aus der 1. Säule berücksichtigt. Hier kommt es auf den Plan bei der Pensionskasse an. Es gibt Pläne die den Koordinationsabzug im Verhältnis zum Teilpensum berechnen oder sogar weglassen.

Die Fragen hat Binci Heeb gestellt.

Lebenslauf Sandra Flückiger

1994-2004als Assistentin in der Anlageberatung SBG begonnen, anschliessend Kundenberaterin im Wealth Management der UBS für Schweizer Kunden
2005-2008Bachelor in Betriebsökonomie Hochschule Luzern, Fachrichtung: Controlling & Accounting
2008-2015UBS Segmentscontrolling für Unternehmenskunden
Ab 2016selbständig als unabhängige Finanzberaterin

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Tags: #Erwerbsunfähigkeitsversicherung #Pensionskasse #Pensionskassenlösung #Selbständigkeit