Nachhaltige Zukunft gestalten: Wie Niatsu die Lebensmittelproduktion revolutioniert

22. November 2024 | Aktuell Allgemein Interviews
Nachhaltige Zukunft gestalten: Marius Semm (CEO & Mitbegründer) und Jakob T. (Mitbegründer) Niatsu.
Nachhaltige Zukunft gestalten: Marius Semm (CEO & Mitbegründer) und Jakob Tresch (Mitbegründer) Niatsu.

Niatsu wurde mit einer klaren Vision ins Leben gerufen, welche eine zukunftsfähige Welt durch nachhaltigere Lebensmittelproduktion sicherstellen will. Durch die Bereitstellung revolutionärer Datenlösungen befähigt das Unternehmen Lebensmittelproduzenten, ihre Betriebsabläufe umweltfreundlicher zu gestalten. Niatsu wurde anlässlich der Swiss Sustainability Challenge 2024 von Pax und FHNW auf den dritten Platz gewählt.

thebroker spricht mit Marius Semm, CEO und Co-Founder vom Start-up Niatsu, welches er mit vier weiteren Personen auf die Beine gestellt hat.

Zunächst gratulieren wir Ihnen zum 3. Platz bei der Swiss Sustainability Challenge 2024. Haben Sie die gewonnenen 4’000 Franken bereits ausgegeben?

Vielen Dank. Teilweise ja – mit einem Teil davon haben wir ein professionelles Video über Niatsu mit der FHNW erstellen lassen. Mit einem weiteren Teil werden wir einen sehr verdienten Weihnachts-Team-Anlass veranstalten, und der letzte Teil wird in die Verbesserung unseres Produktes fliessen.

Ihre Intention ist, eine Welt zu schaffen, in der nachhaltiger Konsum zur Norm wird und nicht mehr nur eine Option bleibt. Wie soll das gehen?

Es gibt immer noch viele Missverständnisse in Bezug auf die Nachhaltigkeit verschiedener Lebensmittel und die Emissionen der einzelnen Schritte in der Lieferkette. Wir helfen Lebensmittelherstellern, besser zu verstehen, wo ihre Emissionen anfallen und was sie tun können, um diese zu reduzieren.

Unsere Kunden benötigen diese Informationen auch, um Endkonsumenten zu informieren, wie beispielsweise Outlawz Food auf ihrer Verpackung und in ihrem Webshop. Andere Kunden nutzen Niatsu, um ihre Nachhaltigkeitsstrategie für die Zukunft zu bestimmen.

Wie unterstützen Sie Unternehmen aus der Lebensmittelbranche bei der Reduktion von Treibhausgasen?

Im ersten Schritt berechnen wir den CO₂-Ausstoss aller Produkte und schaffen so mehr Nachvollziehbarkeit sowohl für die Firmen als auch für deren Kunden. Im zweiten Schritt zeigen wir auf, wo Unternehmen die grössten Hebel für Reduktionen haben und quantifizieren, was mit welchen Massnahmen an CO₂ eingespart werden kann.

Mit Hilfe Ihrer intelligenten NiatsuDB können alle Fussabdrücke eines Produkts berechnet werden. Nennen Sie uns ein Beispiel.

Für Outlawz haben wir den CO₂ Ausstoss von allen Produkten berechnet, der CO₂ Ausstoss von der Forever Wurst liegt bei rund 1kg CO₂ pro Kilogramm. Im Vergleich dazu: Eine ähnliche fleischbasierte Wurst stösst etwa fünf Mal so viel CO₂ Emissionen aus.

Niatsu berechnet die gesamte Produktgeschichte eines Nahrungsmittels. Welche Zahlen werden dazu erhoben?

Wir betrachten alle einzelnen Inhaltsstoffe des Produkts, deren Herkunft und das verwendete Transportmittel. Danach analysieren wir die Prozesse, einschliesslich der Art und Menge der benötigten Energie. Abschliessend prüfen wir, welche Verpackungsmaterialien verwendet werden und in welcher Menge.

Auf Ihrer Webseite kann man die Einkaufsliste für ein Rezept auf den ökologischen Fussabdruck berechnen lassen. thebroker hat da ausprobiert und für eine Hühner-Reis-Pfanne 1.724 kg CO₂E erhalten. Was kann man mit diesem Wert anfangen?

Unser Fokus liegt auf Lebensmittelherstellern, da wir überzeugt sind, dass Veränderungen dort beginnen müssen. Es sind aber nicht nur die Hersteller und Detailhändler, welche in der Verantwortung sind, auch Konsumenten können dazu beitragen, dass weniger CO₂ in ihrem Warenkorb anfällt. Daraus ist die Idee entstanden, unsere Daten der Öffentlichkeit durch unseren CO₂-Rechner zur Verfügung zu stellen. Unser Ziel ist es einfach und zugänglich einen Vergleich zu ermöglichen, sodass Konsumenten besser verstehen, welche Zutaten den grössten Ausstoss verursachen. Was passiert, wenn das Hühnerfilet durch ein alternatives Produkt wie Tofu oder Pilze ersetzt wird? Sinkt der CO₂-Wert? Und wenn ja, um wie viel?

Bis die Angaben bezüglich des Fussabdruckes auf allen Nahrungsmitteln stehen, wird wohl noch viel Zeit verstreichen. Was kann man in der Zwischenzeit tun, um «ökologischer» einzukaufen, denn die meisten Produkte stammen aus dem Ausland?

Hier besteht ein grosses Missverständnis in der Gesellschaft, der Transport vom Ausland von Lebensmitteln macht im Durchschnitt nur einen geringen Teil der gesamten Emissionen aus.

Die grössten Emissionen unserer Ernährung hängen vielmehr davon ab, welche Lebensmittel wir konsumieren – insbesondere, wie viel pflanzliche Lebensmittel und wie viele tierische Produkte.

Sie entwickeln Technologien, die die Lebensmittel- und Getränkeindustrie in die Lage versetzen, ihre Betriebsabläufe zu verändern und so positive Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu erzielen. Führen Sie das aus.

Das Problem bei Lebensmittelherstellern ist, dass sie oft nicht in der Lage sind zu quantifizieren, wie viel CO₂ sie durch bestimmte Änderungen einsparen könnten. Wie hoch wären die Einsparungen auf Produktebene, wenn sie von konventionellem Strom auf erneuerbaren Strom umstellen? Oder wie viel Prozent könnten eingespart werden, wenn sie Zucker aus der Schweiz statt Rohrzucker aus Brasilien beziehen? Wir unterstützen Hersteller dabei, den Einfluss solcher Veränderungen zu quantifizieren und die schnellsten Ansätze für eine Reduktion zu identifizieren.

Für wen wurde Ihr Produkt entwickelt und wer sind Ihre Kunden?

Unsere Kunden sind grosse Lebensmittelhersteller in Europa, die aufgrund des regulatorischen Drucks mehr Transparenz schaffen müssen und sich Ziele für ihre zukünftige Nachhaltigkeitsstrategie setzen.

Woraus gewinnen Sie das nötige Zahlenmaterial zur Auswertung des CO₂-Abdrucks von Nahrungsmitteln?

Wir verfügen über eine eigene Datenbank, die aus Forschungsarbeiten, anderen Datenbanken sowie unseren eigenen Bewertungen von Rohmaterialien besteht, die wir in den letzten zwei Jahren durchgeführt haben. In den nächsten Jahren wollen wir vermehrt in die Automatisierung der Analyse von Rohmaterialien investieren, da wir dort noch Verbesserungspotential sehen.

Die Science Based Targets (SBTi) überprüfen und validieren die wissenschaftsbasierten Ziele von Unternehmen, Finanzinstituten und KMUs auf der ganzen Welt. Wie arbeiten Sie mit Ihnen zusammen?

Die SBTi helfen uns, da diese in der Lebensmittelbrnache weit verbreitet sind. Die meisten Detailhändler in der Schweiz haben sich Ziele zur Quantifizierung und Reduktion ihrer Emissionen gesetzt. Daher müssen deren Lieferanten ihre Emissionen berichten und mögliche Reduktionspfade aufzeigen.

Welche Lösungen bietet Niatsu, damit nachhaltiger gewirtschaftet wird?

Wir bieten Nachhaltigkeitsdaten, sodass klare Handlungspläne erstellt werden können und Ressourcen an der Stelle eingesetzt werden, wo das grösste Reduktionspotenzial liegt. Wir integrieren unsere Daten direkt in die Systeme unserer Kunden, sodass in bestehenden Systemen mit Nachhaltigkeitsdaten gearbeitet werden kann.

Zum Schluss noch dies: Weshalb haben Sie gerade die Lebensmittelwirtschaft gewählt und nicht zum Beispiel die Bekleidungsindustrie, wo der ökologische Fussabdruck ebenfalls sehr hoch ist?

Es gibt mehrere Gründe: Mit 20-30 Prozent ist es einer der grössten Sektoren für CO₂-Emissionen. Zudem wird erwartet, dass der CO₂-Austoss aus der Herstellung von Lebensmittel bis 2050 weiter ansteigen wird, da sich weltweit die Ernährungsgewohnheiten verändern.

thebroker

Marius Semm ist Mitbegründer und CEO von Niatsu, wo er seine Leidenschaft für Nachhaltigkeit und Lebensmittel in ein Pionierunternehmen verwandelt hat. Zusammen mit Jakob Tresch gründete er Niatsu, um Lebensmittelproduzenten skalierbare CO2-Berechnungen für ihre gesamte Produktpalette an die Hand zu geben.
Vor der Gründung von Niatsu arbeitete Marius mit einem Schweizer Impact Investor zusammen und sammelte zuvor wertvolle Erfahrungen bei Accenture und Credit Suisse.

Lesen Sie auch: Swiss Sustainability Challenge 2024: EnableMe Insights, VERRETEX und Niatsu sind die Gewinner


Tags: #Betriefsabläufe #CO₂ #Datenlösungen #Emissionen #FHNW #Lebensmittelproduktion #Nachhaltigkeit #Niatsu #Ökologischer Fussabdruck #Pax #Reduktion #Swiss Sustaiability Challenge 2024 #Treibhausgase #Umweltfreundlich