Hochwasser-Pflichtversicherung in der Schweiz

21. Juni 2024 | Aktuell Allgemein
Wettervorhersage für Freitag, 21. Juni 2024 von srf.ch/meteo.
Wettervorhersage für Freitag, 21. Juni 2024 von SRF Meteo.

In Frankreich existiert schon lange die Hochwasser-Pflichtversicherung als fast flächendeckender Elementarschutz für nur 24 Euro im Jahr. Beim Erwerb einer Immobilie ist eine Gebäude- und Hausratsversicherung Pflicht. Anklang findet die Multirisko-Versicherung (MRH), die auch Elementarschäden abdeckt. Am gestrigen Donnerstag, dem 20. Juni 2024, berieten auch die deutschen Ministerpräsidenten mit dem Kanzler über eine Hochwasser-Pflichtversicherung. Sie lehnten diese jedoch ab.

Die kürzlichen Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg werden mit 2 Milliarden Euro veranschlagt. Damit ist jedoch nicht alles versichert. Grosse Teile der Zerstörung sind es nicht. Betroffene müssen diese Schäden aus dem eigenen Portemonnaie berappen, denn einfache Hausratspolicen decken Erdbeben, Waldbrand- oder Hochwasserschäden nicht ab. Nun wurde über eine neue Pflichtversicherung gegen Naturkatastrophen beraten. Diese soll die Last auf alle Hausbesitzer verteilen. Zuletzt wurde diese Pflichtversicherung nach der Flut im Ahrtal Mitte Juli 2021 von der Bundesregierung abgelehnt und auch am 20. Juni hatte die Hochwasser-Pflichtversicherung keine Chance.

Die Deutschen wollen die Versicherung wie ihre französischen Nachbarn, die diese Elementar-Pflichtversicherung bereits seit den 1980er Jahren kennen, regeln. Die Kosten dort betragen jährlich zwischen 24 und 26 Euro. Auch in Belgien wird der Schutz vor Hochwasserschäden gesetzlich in allen privaten Feuerversicherungen ergänzt.

Und in der Schweiz?

In der Schweiz schlossen bereits 1953 die Feuerversicherer erstmals auch Schäden nach Naturereignissen in die Feuerversicherung ein. Seit Ende der 1950er-Jahre wird zusammen mit jeder privaten Feuerversicherung für Gebäude und Fahrhabe eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen, die alle wesentlichen Naturgefahren, mit Ausnahme von Erdbeben, abdeckt. Heute ist die Elementarschadenversicherung von enormer Bedeutung, über 99 Prozent der Gebäude und Fahrhabe sind gegen Elementarschäden versichert.

Jeder Schweizer Eigentümer einer Liegenschaft muss dieses gegen Hochwasser versichern. Die meisten Schweizer Kantone kennen die obligatorische Versicherung gegen Hochwasser und Überschwemmung. Diese muss bei den kantonalen Gebäudeversicherungen abgeschlossen werden. Nur in den sogenannten GUSTAVO-Kantonen Genf, Tessin, Appenzell Innerrhoden, Wallis, Uri, Schwyz, Obwalden und im Fürstentum Liechtenstein sind die Gebäude bei Privatversicherungen versichert.

Wer zahlt wofür?

Verschiedene Versicherungen sind für unterschiedliche Schäden zuständig. So zahlt für die Weinsammlung und alle weiteren Überschwemmungsschäden im Haus die Hausratversicherung. Sie übernimmt die Kosten für die Reparatur oder den Ersatz von allen beweglichen Sachen im Haushalt. In den meisten Kantonen mit Ausnahme von Nidwalden, Waadt, Freiburg und Jura ist die Hausratsversicherung freiwillig. Bei Überschwemmungsschäden am Fahrzeug kommt die Kaskoversicherung zum Zuge.

Was gehört zu den Elementargefahren in der Schweiz?

Gemäss Art. 33 des Versicherungsaufsichtsgesetzes VAG müssen alle Gesellschaften, die in der Schweiz die Feuerversicherung anbieten gleichzeitig auch die Elementarrisiken miteinschliessen. Die Aufsichtsverordnung AVO Art. 171 ff regelt die Elementarschadenversicherung genauer.

Zur Elementarschadenversicherung gehören neun versicherte Gefahren: Hochwasser, Überschwemmung, Sturm, Hagel, Lawinen, Schneedruck, Felssturz, Steinschlag und Erdrutsch. Versichert sind alle «Sachen», die in der Schweiz liegen, zum Vollwert. Dies betrifft Gebäude in den GUSTAVO-Kantonen sowie in allen Kantonen ausser den Kantonen Waadt und Nidwalden, die sogenannte Fahrhabe, bestehend aus dem Hausrat und dem Inhalt von Gebäuden haben. Die Prämien wiederum regelt die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma.

Bisher erlebte die Schweiz einen mauen Frühsommer. Das Wetter war stürmisch, es regnete viel und es war oft «düppig». Leider verheissen auch die Wetterprognosen für das Wochenende keine Besserung. Es bleibt regnerisch mit Temperaturen zwischen 18 und 25 Grad.

Binci Heeb

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