Frachtschiffe: Bei Brand von geladenen E-Fahrzeugen unlöschbar. Wer bezahlt?
4 August, 2023 | Aktuell Nicht kategorisiert
Im niederländischen Wattenmeer, rund 30 Kilometer vor der Insel Ameland, drohte der 18 500 Tonnen schwerer Frachter «Fremantle Highway» aufgrund eines schweren Brandes zu kentern. Das Schiff war unterwegs vom deutschen Bremerhaven nach Singapur. Laut Angaben der Reederei sind 3783 Autos, davon 500 E-Autos, an Bord. Der Brandherd war möglicherweise die Batterie eines elektrischen Autos. Beim Verlassen des Schiffs verlor ein Mensch sein Leben, die übrigen 22 Besatzungsmitglieder wurden leicht verletzt. Der materielle Schaden ist immens.
Der Frachter «Fremantle Highway» gehört dem japanischen Unternehmen Shoei Kisen Kaisha. Der Eigner des Containerschiffs «Ever Given» hatte schon im März 2021 die Blockierung des Suezkanals zu verantworten. Bereits Ende Mai veröffentlichte die Allianz Versicherung ihre Schifffahrts-Studie, wonach der Industrieversicherer von erhöhtem Brandrisiko durch den Transport von potenziell hochentzündlichen Lithium-Ionen-Akkus auf Containerschiffen warnte. Das grösste Problem dieser Akkus ist, dass sie sich leicht entzünden, und auch nachdem gelöscht, wiederentzünden können. Dieser Markt werde Prognosen zufolge in den kommenden zehn Jahren jährlich um 30 Prozent wachsen.
8 Schiffverluste und 200 Unfälle
Brände waren 2022 die Hauptursache für acht Schiffsverluste und 200 Unfälle. Bereits am 16. Februar 2022 wurde 166 Kilometer südwestlich der Azoren im Atlantik das Autotransportschiff «Felicity Ace» Raub von Flammen und sank. An Bord waren 3965 Autos von der VW AG. Auch damals erschwerten Lithium-Ionen-Batterien der geladenen Elektroautos die Brandbekämpfung. Wie Auto Motor Sport am 2. März 2022 schrieb, soll die Summe der durch den damaligen Brand verlorenen Fahrzeuge rund 200 Millionen Euro betragen haben. Der Gesamtschaden lag alleine bei den zerstörten Neuwagen bei über 400 Millionen Euro.
«Fremantle Highway» wurde abgeschleppt
Der schwer beschädigte Frachter wurde bei einem grosse Risiken bergenden Transport, in den niederländischen Seehafen Eemshaven geschleppt. Dieser liegt an der deutschen Grenze auf Höhe von Emden. Der Grossteil des Schiffes sei gemäss Behörden inspiziert worden, danach gebe es keine Hinweise, dass es an Bord noch immer brenne. Das Risiko einer Umweltkatastrophe für die Inseln sowie das Wattenmeer scheint gebannt. Wäre der Frachter auseinandergebrochen, hätte zusätzlich eine Ölpest durch den für die Schiffsturbinen geladenen Treibstoff gedroht.
Wer muss bezahlen?
Für die Kosten des Einsatzes muss der japanische Eigentümer des Schiffs aufkommen. Die Behörden des unter der Flagge von Panama fahrenden Frachters sind wiederum für die Untersuchung nach der Ursache des Feuers verantwortlich. Als Reaktion auf die wachsende Zahl von Bränden auf Frachtschiffen plant die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) im nächsten Jahr neue Massnahmen für Schiffe, welche Elektrofahrzeuge transportieren. Die in London domizilierte Organisation legt die Vorschriften für die Sicherheit auf See fest.
Wie werden Frachter versichert?
Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Allianz Commercial erklärte gegenüber der Bild, dass bei der Haftpflichtdeckung Drittschäden versichert werden. Insbesondere wenn ein Schiff eine Hafenanlage oder ein anderes Schiff beschädigt oder es zu Umweltschäden kommt. Angeboten werden diese Haftpflichtversicherungen von Protection & Indemnity Clubs. Dabei handelt es sich um Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die die Schifffahrtsbranche vor mehr als hundert Jahren gegründet haben. Sie werden aus Umlagen der Reedereien ausgestattet.
Durch Feuer oder Maschinenschäden entstandene Sachschäden am Schiff werden durch die Kaskodeckung erstattet. Die Warentransportversicherung ist für die transportierten Güter an Bord zuständig. Aufgrund der hohen Werte wird das Risiko von mehreren Versicherern getragen, beispielsweise Allianz, Axa oder Zurich.
Um Prämien zu sparen, werden Waren nicht selten bewusst falsch deklariert, beispielsweise Batterien, welche als Computerzubehör bezeichnet werden. Damit sind gleich mehrere vorsätzliche, schwere Straftaten wie Betrug, Urkundenfälschung, Umweltschutzgesetze, Gefährdung von Menschenleben, um nur einige zu nennen, zu verfolgen. Dies dürfte nach der deutlich gestiegenen Anzahl von schweren Frachtschiff-Unfällen die Aufmerksamkeit der Behörden noch einmal deutlich erhöhen und beträchtlichen Einfluss auf die Bestimmungen der geplanten internationalen Gesetze zur Folge haben.
Binci Heeb
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